- Grüner Nomade - https://blog.lukas-emele.de -

1.A.1.a.i, 1.A.5.b, 3.D, 4.B.5 und 7

Foto: Opening plenary at April Bonn Climate Change Conference von Adopt A Negotiator bei Flickr unter Creative-Commons-CC-BY-2.0-Lizenz [1]

Klimakonferenz

Ich nehme mal an, dass 99 % von euch noch nie etwas vom Common Reporting Format (CRF) gehört haben; bevor ich mit meinem aktuellen Job angefangen habe, ging es mir nicht anders.

Das CRF ist ein standardisiertes Tabellenformat, um Treibhausgasemissionen zu berichten. ((Berichtet werden müssen die Emissionen von Kohlen(stoff)dioxid [2] (CO2), Methan [3] (CH4), Lachgas/Distickstoff [4] (N2O), perfluorierte [5] (PFC) und teilhalogenierte Fluorkohlenwasserstoffe [6] (HFC) Schwefelhexafluorid [7] (SF6).)) Dieses System wurde vom Weltklimarat (Intergovernmental Panel on Climate Change, IPCC) ((Ich dachte früher immer, dass der IPCC nur dafür da ist, alle paar Jahre einen Weltklimabericht zusammenzustellen. Aber da hatte ich mich wohl geirrt, wie auch schnell ein Blick auf die Internetseite des IPCC [8] verrät.)) entwickelt und ist das verbindliche Format, in denen Treibhausgasemissionen unter der Klimarahmenkonvention [9] (United Nations Framework Convention on Climate Change, UNFCCC) und dem Kyoto-Protokoll [10] berichtet werden. Die CRF-Tabellen sind dabei große Excel-Tabellen mit jeweils ca. 80 standardisierten Tabellenblättern, in die detaillierte Daten zu Treibhausgasemissionen und weiteren relevanten Zahlenangaben (wie beispielsweise Energieverbräuche) eingetragen werden. Jedes Jahr müssen alle Industriestaaten ((Genauer gesagt von allen Annex-I-Staaten, das sind alle Staaten die im Anhang 1 der Klimarahmenkonvention genannt sind.)) die CRF-Tabellen zusammen mit den Nationalen Inventarberichten (National Inventory Report, NIR) an UNFCCC übermitteln. Die Nationalen Inventarberichte sind wenige bis viele hundert Seiten lang (im Falle der deutschsprachigen Ausgabe des NIR 2014 für Deutschland [11] schlappe 965 Seiten) und enthalten mehr oder weniger genaue Angaben darüber, wie die in den CRF-Tabellen genannten Daten ermittelt wurden. Man kann die Inventarbericht somit als so etwas wie eine Lese- und Verständnishilfe zu den CRF-Tabellen ansehen. NIR und CRF gehören also zusammen. Veröffentlicht werden NIR und CRF-Tabellen einerseits auf der Internetseite der UNFCCC [12], andererseits in der Regel auch auf den Internetseiten der national zuständigen Behörden (in Deutschland das Umweltbundesamt [13]).

NIR und CRF enthalten dabei eine immer gleiche Systematik, nach der die Emissionen von Treibhausgasen unterschiedlichen Sektoren, sogenannten Quellgruppen zugeordnet werden. Die Quellgruppen, oft auch als CRF-Sektoren bezeichnet, geben an – wie der Name auch schon vermuten lässt –, aus welcher Quelle die jeweiligen Treibhausgasemissionen stammen. ((Definiert werden die CRF-Sektoren in den Revised 1996 IPCC Guidelines for National Greenhouse Gas Inventories [14].)) Die Hauptquellgruppen sind:

Die Hauptquellgruppen sind aber noch untergliedert in Unterquellgruppen, beispielsweise wird der Sektor 2 Industrial Processes weiter aufgeteilt in:

Die Unterquellgruppen können wieder unterteilt werden in Unterunterquellgruppen, die wiederum… Es ist also ein hierarchisches Ordnungssystem und es gibt insgesamt (je nach Sektor) bis zu fünf Gliederungsebenen, in die die Quellgruppen eingeteilt werden. Am besten verstehen lässt sich das System, in dem man von oben nach unten, also von den Hauptquellgruppen über die Unterquellgruppen in die sich immer weiter verästelnden Unterunterquellgruppen eintaucht. Und genau so habe ich es auch verstehen gelernt. Nachdem ich mich ein paar Tage mit dem System beschäftigt hatte, kannte ich die oberste Ebene auswendig. Ich jetzt arbeite seit einem guten Jahr in unterschiedlichen Projekten mit dieser Systematik (den die wird nicht nur für die offizielle Berichterstattung an die UNFCCC sondern auch in vielen Forschungsprojekten und Studien angewendet) und habe ich einen ganz guten Überblick darüber, was sich jeweils in der zweite und teilweise auch in der die dritte Ebene so versteckt.

Das schöne an dieser Systematik ist, dass sie für alle Länder gleich ist und sich die Emissionen zweier Länder daher sehr gut untereinander vergleichen lassen. Will ich beispielsweise wissen, ob Portugal im Sektor Industrieprozesse mehr Treibhausgasemissionen als das gemessen an der Bevölkerung in etwa gleich große Tschechien verursacht hat, so brauche ich blos in den entsprechenden Tabellen beider Länder nach dem CRF-Sektor 2 suchen und kann die Zahlen ganz einfach miteinander vergleichen. ((Die Antwort lautet übrigens nein, denn Portugal hat im neuesten verfügbaren Berichtsjahr 2012 durch Industrieprozesse 5,2 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente [15] emittiert, Tschechien  hingegen mit 12,1 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten mehr als das doppelte. Quellen: Submissionen PRT-2014-2012-v1.3 [16] bzw. CZE-2014-2012-v1.4 [17].))

Zum Schluss löse ich dann noch das Rätsel auf, was es denn die Überschrift bedeutet: Es sind die Kürzel von fünf Quellgruppen, die ich beispielhaft ausgewählt habe, zum zu illustrieren, was denn so alles mit dem CRF abgebildet wird. Entweder sind es besonders wichtige oder absurde Quellengruppen oder es sind Quellen, an die kaum ein Mensch beim Stichwort Treibhausgase denkt.

Warum blogge ich das? Weil ich diese Systematik schon öfters anderen Menschen (z.B. neuen Kolleg*innen) erklärt habe, es aber derzeit weder in der deutschsprachigen [20] noch in der englischsprachigen [21] Wikipedia einen Artikel über das Thema gibt und auch Google (zumindest bei mir) keine vernünftige Erklärung des Themas bringt.  Ich hätte einen Wikipedia-Artikel schreiben können, aber ich hatte keine Lust, einen trockenen weil rein enzyklopädischen Artikel zu schreiben (und dann auch noch Belege [22] zusammensuchen zu müssen).

Foto: Opening plenary at April Bonn Climate Change Conference [1] von Adopt A Negotiator [23] bei Flickr unter Creative-Commons-CC-BY-2.0-Lizenz [24].