Sonntag, 19. Februar 2012 | Autor: | Artikel ausdrucken

Zur Person Joachim Gauck möchte ich mich jetzt hier nicht äußern, das überlasse ich anderen. Ganz einfach, weil ich mir noch keine abschließende Meinung über ihn gebildet habe.

Ich finde aber, das war kein gutes Wochenende für unsere demokratische Kultur. Denn es wurde zwar über „Konsens“ gesprochen, aber letztentlich war es dann doch das genaue Gegenteil: ein parteipolitisches Ränkespiel. Das fing schon damit an, dass die Linke ausgeschlossen wurde – aus rein parteipolitischen Motiven. Wenn mir jetzt einer sagt, das läge daran, weil die Linke das letzte mal nicht für Gauck gestimmt hätte, dann frage ich zurück: warum reden dann Grüne und SPD mit den Regierungsparteien? Haben die denn etwa letztes mal Gauck gewählt?

Daneben frage ich mich: War das Gesprächsangebot von rot-grün an schwarz-gelb wirklich ergebnisoffen, wenn Sigmar Gabriel in der Pressekonferenz am Samstag so oft den Namen „Joachim Gauck“ hat fallen lassen und ihn als „als „besten Kandidat“ bezeichnet hat? Ergebnisoffen hätte für mich geheißen: keinerlei Vorfestlegungen, keinen Namen vorab in der Öffentlichkeit.

Auch wenn die Linke natürlich ein bisschen damit kokettiert hat, dass sie außen vorgelassen wurde, so habe ich dennoch das Gefühl, dass es die Linke es ernst meinte mit einem wirklich breiten Gesprächsangebot. Spannend fande ich die Aussage von Gregor Gysi am Freitag:

„Wenn wir das Vertrauen in das Amt wiederherstellen wollen, müssen wir das kleine Wunder vollbringen, gemeinsam eine Kandidatin oder einen Kandidaten zu finden, der von der CSU bis zur Linken akzeptiert wird.“

Mit der Ergänzung, er könne sich da durchaus den einen Kandidaten oder die andere Kandidatin vorstellen, auf die das zuträfe. Ich hätte wirklich spannend gefunden zu erfahren, wer am Ende bei solchen Gesprächen als Kandidatin oder Kandidat herausgekommen wäre, wer von der Linken bis zu CSU konsensfähig wäre. Gauck wäre es sicherlich nicht geworden, vermutlich auch keine*r der „natürlichen“ Präsidentschaftskandidat*innen wie aktuelle und ehemalige Bundestagspräsident*innen oder Bundesverfassungsgerichtspräsident*innen.

Jetzt werden wir also einen Bundespräsdenten haben, den viele in der Bundesversammlung letztendlich nur mit Bauchschmerzen wählen werden. Das kann doch nicht die Lösung sein, oder? In den letzten Tagen fiel oft der Satz „Das Amt des Bundespräsidenten ist beschädigt.“ Ich frage mich aber gerade, was das Amt mehr beschädigt hat, Wulffs Klebesessel oder der vorgegebene Konsens, der in Wirklichkeit keiner ist.

Kategorie: Politik
Mit diesem RSS 2.0 Feed können Sie alle Kommentare zu diesem Artikel verfolgen. Sie können einen Kommentar abgeben oder Trackback von Ihrer Webseite versenden.


3 Kommentare

  1. 1
    Michael Joukov 

    1) warum reden dann Grüne und SPD mit den Regierungsparteien?

    Weil sie GRÜN/rot zu Gesprächen eingeladen haben, nicht jedoch die Linke. Traurig, dass CDU/CSU so verbohrt sind, aber nicht zu ändern.

    2)jetzt werden wir also einen Bundespräsdenten haben, den viele in der Bundesversammlung letztendlich nur mit Bauchschmerzen wählen werden.

    Wieso sollten sie es tun? Die Wahl ist geheim, das Mandat frei. Auch bloß 700 Stimmen wird Gauck problemlos verkfraten.

  2. 2
    Lukas 

    ad 1: Rot-grün hätte ja einfach im Gegenzug schwarz, gelb und dunkelrot einladen können, um zu zeigen, dass sie es ernst meinen mit einem Konsens.

    ad 2: Na wie sähe das denn aus, wenn Gauck statt der rund 1100 Stimmen aus dem schwarz-gelb-rot-grünen Lager nur 700 Stimmen bekäme? Es wird ja jetzt keine*n auch nur ansatzweise aussichtsreiche*n Gegenkandidat*in geben. Insofern glaube ich schon, dass es einen gewissen Druck gibt, dass Gauck nun (mangels Gegenkandidat*in) möglichst viele der 1100 Stimmen auch bekommt, um den Konsens im nachhinein zu rechtfertigen. Bei einem schlechten Wahlergebnis steht vielleicht nicht Gauck schlechter dar, aber auf jeden Fall diese bunte Koalition und damit alle Parteien, die sie stützen. Das Dilemma lautet also entweder Gauck wählen oder die eigene Partei schädigen.

  3. 3
    Michael Joukov 

    Nachlesen! Ach die Einladung (Gespräche mit allen Parteien) gab es, aber Kanzlerin kommt ungern aus Schröders Waschmaschine.

    In der Bundesversammlung darf jedeR jedeN vorschlagen. Wer fällt Dir denn ein?

Kommentieren
Bitte die Kommentarregeln beachten! Ein Abgeben eines Kommentars bedeutet die Akzeptanz dieser Kommentarregeln.


 



WordPress › Fehler

Es gab einen kritischen Fehler auf deiner Website.

Erfahre mehr über die Problembehandlung in WordPress.