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Energiepolitik nach Fukushima

Was in den letzten Tagen in Japan passiert ist, das Erdbeben, der Tsunami und dann auch noch gleich mehrere außer Kontrolle geratene Kernkraftwerke, das ist so viel, dass ich gar nicht so richtig weißt, was ich darüber schreiben soll. Deswegen habe ich bisher auch noch nichts geschrieben. Und da in der Netzwelt mittlerweile so viel über die Katastrophe gebloggt und getwittert worden ist, erscheint es mit falsch, darüber noch mehr zu schreiben, als mein Mitgefühl mit den vielen Menschen auszudrücken, die Angehörige verloren haben, verletzt wurden oder ihr zu Hause verloren haben.

Aber auch wenn ich hier nicht weiter auf die Ereignisse der letzten Tage zurückblicken möchte, so möchte ich nach vorne blicken: Nämlich, wie soll es energiepolitisch bei uns in Deutschland weitergehen könnte. Angesichts von Fukushima sind in der Energiepolitik Korrekturen notwendig. Nein, die Kernenergie muss ganz neu überdacht werden. In der jetzt ausgebrochenen politischen Debatte geht es gerade wild durcheinander. Mehr oder weniger diffuse Forderungen kommen aus allen politischen Richtungen und man weiß nicht mehr, wer gerade wen mit der Forderung nach Stilllegungen von Kernkraftwerken oder dem endgültigen Ausstieg überholt. Aber wie gesagt, sehr viele Forderungen erscheinen mir ziemlich diffus und wenig durchdacht.

Noch vergleichsweise konkret erscheint mir der Antrag Die Lehren ziehen: Der Atomausstieg ist zwingend, notwendig und machbar! [1], den die Grünen morgen auf ihrem Länderrat (kleiner Bundesparteitag) voraussichtlich beschließen werden. Die aus meiner Sicht entscheidende Passage steht fast am Ende des Antrags:

Wir Grüne streben an, das Atomzeitalter in Deutschland in der kommenden Legislaturperiode endgültig zu beenden. Das kann gelingen, wenn jetzt schnell die rechtlichen und finanziellen Voraussetzungen geschaffen werden, vor allem aber durch einen beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren Energien, Investitionen in Energieeffizienz und Energieeinsparung sowie die Schaffung einer modernen Infrastruktur. Jeder Tag des Zögerns und Zauderns ist ein verlorener Tag für die notwendige beschleunigte Energiewende.

Das bedeutet also einen vollständigen Atomausstieg bis spätestens 2017. Das ist doch Wahnsinn, dachte ich zuerst. Aber dann habe ich mal gerechnet. Zunächst nur ganz grob für einen Kommentar [2] im Blog von Till Westermayer [3], der ebenfalls über den grünen Antrag zum Atomausstieg beim Länderrat [4] gebloggt hat. Dann wollte ich es aber noch ein bisschen genauer wissen und dabei ist folgendes Diagramm rausgekommen.

Bruttostromerzeugung in Deutschland [5]

Bruttostromerzeugung in Deutschland

Es zeigt, wie sich Stromerzeugung und Strommix im letzten Jahrzehnt entwickelt hat ((Datengrundlage: Tabelle Bruttostromerzeugung in Deutschland von 1990 bis 2010 nach Energieträgern der AG Energiebilanzen e.V. [6])) und wie er sich bis zum Jahr 2017 weiter entwickeln könnte. Dabei habe ich unterstellt, dass der Atomausstieg linear bis 2017 erfolgt und diese fehlende Strommenge durch einen Ausbau der erneuerbaren Energien kompensiert wird. Außerdem habe ich deutliche Verbesserung der Energieeffizienz und dadurch eine Senkung des Stromverbrauchs von 1 % pro Jahr unterstellt. ((Ein Teil der Senkung des Stromverbrauchs kommt von den Kernkraftwerken selber. Denn diese verbrauchen etwa 4 bis 7 % des von ihnen erzeugten Stroms wieder selbst, vor allem für die Speisewasserpumpen [7].)) Um das Ziel einen Atomausstiegs bis 2017 zu erreichen, müssten jeden Jahr die regenerative Stromerzeugung um etwa 14 TWh steigen. Zum Vergleich: 2010 wurden insgesamt 102,3 TWh regenerativ erzeugt und im Mittel betrug in den Jahren 2004 bis 2009 das Wachstum knapp 10 TWh pro Jahr. Im Jahr 2007 wurden mit einem Zubau von 16 TWh sogar die nötigen 14 TWh übertroffen. Was also die nötigen Energiemengen angeht, so erscheint ein Atomausstieg bis 2017 also wirklich machbar.

3 Kommentare (Öffnen | Schließen)

3 Kommentare Empfänger "Energiepolitik nach Fukushima"

#1 Kommentar von Till am 22. März 2011 00000003 17:02 130080972005Di, 22 Mrz 2011 17:02:00 +0100

Spannend wird’s jetzt, wenn gleichzeitig noch versucht wird, mittelfristig aus der Kohleverstromung raus zu kommen. Öko-Institut/WWF haben dazu meine ich vor kurzem eine Studie vorgelegt.

#2 Kommentar von Lukas am 22. März 2011 00000003 20:51 130082350008Di, 22 Mrz 2011 20:51:40 +0100

im moment jagt ja gerade eine kurzstudie die andere ;-) bin leider noch nicht dazugekommen, mir auch eine einzige mal anzuschauen. werd ich aber mal machen, wenn ein bisschen mehr ruhe ist (nächste woche) und dann vielleicht über die studien etwas schreiben.

#3 Pingback von Grüner Nomade » Blog Archive » Master Thesis angemeldet am 22. März 2011 00000003 21:47 130082685009Di, 22 Mrz 2011 21:47:30 +0100

[…] der aktuellen Debatte um einen Ausstieg aus dem Ausstieg aus dem Atomausstieg und einem möglicherweise schnelleren Ausbau der … ist das – wie ich denke – ein hochaktuelles Thema. Denn bei einem hohen Anteil an […]