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Germania est omnis divisa in partes quattuor

Frei nach Caesar: ((Gallia est omnis divisa in partes tres, quarum unam incolunt Belgae, aliam Aquitani, tertiam , qui ipsorum lingua Celtae, nostra Galli appellantur. – Ganz Gallien ist in drei Teile geteilt, deren einen die Belger bewohnen, den anderen die Aquitaner, den dritten, die in eigener Sprache „Kelten“ genannt werden, in unserer Gallier. In: De Bello Gallico, Liber I [1]))

Germania est omnis divisa in partes quattuor, quarum unam incolut EnBW [2], aliam Amprion [3], tertiam Transpower [4] et quartiam 50Hertz [5].

Ganz Germanien ist in vier Teile geteilt, deren einen EnBW bewohnt, den anderen Amprion, den dritten Transpower und den vierten 50 Hertz.

Regelzonen deutscher Übertragungsnetzbetreiber (Grafik von Ice gixxe unter CC-Lizenz) [6]

Regelzonen deutscher Übertragungsnetzbetreiber (Grafik von Ice gixxe unter CC-Lizenz)

Das deutsche Höchstspannungsverbundnetz ist in vier Regelzonen [7] aufgeteilt, das von jeweils einem Übertragungsnetzbetreiber [8] (ÜNB) betrieben wird. Die vier ÜNB sind: Amprion GmbH [9], EnBW Transportnetze AG [10], Transpower Stromübertragungs GmbH [11] und 50Hertz Transmission GmbH [12]. Amprion ist eine Tochter von RWE [13] und EnBW Transportnetze (wie unschwer am Namen zu erkennen) eine Tochter von EnBW [14]. Transpower gehörte E.ON [15], wurde aber zu Jahresbeginn an den niederländischen Stromnetzbetreiber Tennet [16] verkauft. Und heute meldet die taz [17], dass Vattenfall Europe [18] ihre Netz-Tochter 50Hertz an den belgischen Netzbetreiber Elia [19] und an den australischen Fonds IFM ((Hier stellt sich mir die Frage, was ein australischer Fonds mit einem deutschen Stromnetz will – außer einer möglichst hohen Rendite.)) verkauft hat.

Es ist sinnvoll, die Stromübertragung von der Stromerzeugung zu trennen. Denn bisher haben die Stromkonzerne sowohl Stromerzeugung als auch Stromübertragung in einer Hand. Also sind sie bestrebt, möglichst ihren selbst produzierten Strom über ihre Leitungen zu schicken. Andererseits Windkraftanlagen und andere Erneuerbare-Energien-Anlagen laut Erneuerbaren-Energien-Gesetz aber einen Vorrang bei der Einspeisung in die Stromnetze. ((dies regelt §2 Nr. 2 EEG [20] )) Ein ganz klarer Interessenkonflikt, den auch die Zeit schon im Jahr 2006 beschrieb [21]. Dort äußerte sich Jan Feddern von Greenpeace:

Je mehr Windstrom E.on als Netzbetreiber abnehmen muss, desto mehr schadet das den eigenen Kraftwerken, deren Strom nicht mehr eingespeist werden kann.

In meinen Augen stellen Stromnetze ein natürliches Monopol [22] dar. Natürliches Monopol bedeutet, dass es nur einen Weg gibt, das Produkt oder die Dienstleistung (hier den elektrischen Strom) zur Verfügung zu stellen. Ein paralleles System aufzubauen ist wirtschaftlich nicht sinnvoll oder technisch nicht möglich. ((Wer hat denn schon zwei voneinander unabhänigige Stromversorgungen im Haus. Ein anderes Beispiel ist das Schienennetz, auch hier denkt keiner daran, ein Netz parallel zum Netz der Deutschen Bahn aufzubauen. Ein Gegenbeispiel stellen die Telefonnetze dar: Neben dem Festnetz gibt es auch die Mobilfunknetze und Kabelnetze.)) Daher gehören natürliche Monopole in die Hand des Staates. In diesem Fall bedeutet das die Überführung der vier Übertragungsnetze in staatliche Hand und Zusammenführung der vier Netze zu einem deutschlandweiten Netz. Die Stromerzeugung – also das Kerngeschäft – kann weiterhin bei E.ON, EnBW, RWE, Vattenfall und vielen anderen Unternehmen bleiben. Wegen des Ziels der Schaffung eines zusammengehörenden Übertragsnetzes halte ich es wenig sinnvoll, dass E.ON und Vattenfall ihre Stromnetze ins Ausland verkauft haben.

Dass eine deutschlandweites, staatliches Übertragungsnetz eine gute Idee ist, sehe nicht nur ich so, sondern beispielsweise auch die Grünen [23]:

Die Energienetze gehören in die Hand einer konzernunabhängigen Deutschen Netzgesellschaft mit staatlicher Mehrheitsbeteiligung und Regulierung.

Selbst die Bundesregierung will ein deutschlandweites Übertragungsnetz. Im Koalitionsvertrag unser ach so tollen schwarz-gelben Bundesregierung [24] steht:

Wir setzen uns dafür ein, die deutschen Übertragungsnetze in einer unabhängigen und kapitalmarktfähigen Netzgesellschaft zusammenzuführen und die Grenzkuppelstellen zu verbessern.

Aber die Bundesregierung handelt mal wieder nicht. Wenn sie ihren eigenen Koalitionsvertrag ernst nehmen würde, hätte sie den Verkauf von 50Hertz ins Ausland verhindern müssen, beispielsweise indem sie selbst 50Hertz aufgekauft hätte. Da jetzt schon über die Hälfte ((50Hertz, Transpower und Ampirion besitzen jeweils etwa 30 Prozent der gesamten Länge der deutschen Hochspannungsleitungen, EnBW die restlichen 10 Prozent. Mit ihren Übertragungsnetzen versorgen 50Hertz und Transpower etwa 70 Prozent der Fläche Deutschlands.)) des Höchstspannungsverbundnetzes ins Ausland verkauft wurde, verschlechtert sich die Möglichkeit, ein deutschlandweites Übertragungsnetz zu realisieren.

Zerknirscht resümiert daher Nick Reimer von der taz [25]:

Statt Vattenfall bestimmen nun grundsätzlich ein belgischer Netzbetreiber und ein australischer Pensionsfonds, welcher Strom zu welchen Preisen durch die Leitungen transportiert wird. Wieder kann die Regierung über die Netze nur wachen und nicht selbst agieren. Und wieder verdienen andere mit einem Netz, das über Jahrzehnte vom Steuerzahler aufgebaut wurde.

3 Kommentare (Öffnen | Schließen)

3 Kommentare Empfänger "Germania est omnis divisa in partes quattuor"

#1 Kommentar von Clavinova am 16. April 2010 00000004 12:56 127141540212Fr, 16 Apr 2010 12:56:42 +0200

Hey, vielen Dank für diesen Blog – wirklich unterhaltsam. Ich stöber mal noch ein bisschen weiter und lass nen Gruß da :)

#2 Kommentar von Thomas24 am 21. Juni 2010 00000006 22:16 127715141510Mo, 21 Jun 2010 22:16:55 +0200

Finde ich auch recht so das Windkraftanlagen eher den Vorrang haben bei der Einspeisung in die Stromnetze

#3 Kommentar von Michael am 30. Juni 2011 00000006 00:04 130938506512Do, 30 Jun 2011 00:04:25 +0200

ich denke auch dass die Zusammenlegung und überführung in die staatliche Verwaltung eine Lösung wäre, sich jedoch in unserem Rechtsstaat nicht so leicht umsetzen lässt. Ein solches Vorhaben würde die Gerichte Jahrzehnte beschäftigen