Dienstag, 27. Oktober 2009 | Autor: | Artikel ausdrucken
Nuclear Power Plant von Bigod bei flickr unter cc-Lizenz

Nuclear Power Plant von Bigod bei flickr unter cc-Lizenz

Vor zwei Wochen nahm ich im Rahmen meines Studiums an einer zweitägigen Exkursion teil. Neben einigen Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien, ((Ja, ich weiß, physikalisch kann Energie nicht erzeugt werden, nur umgewandelt werden. Aber mit Energieerzeugung wird in der Energiewirtschaft die Nutzbarmachung von Energie gemeint.)) stand auch das Kernkraftwerk Biblis auf dem Besichtigungsprogramm.

Los ging es mit einem einstündigen Vortrag eines RWE-Mitarbeiters, der uns versuchte, zu erläutern wie ach-so-toll-und-wichtig die Kernkraft in Deutschland doch sei. Und natürlich kam auch das Stichwort Stromlücke – diese Mär wurde bereits durch Studien widerlegt. Auch wiederholte der RWE-Mensch das Mantra, die deutschen AKWs seien die sichersten der Welt – das auch dies falsch ist, hat die schwarz-rote Bundesregierung zugegeben.

Zum Abschluss des Vortrags wurde noch das Thema Reststrommengen angeschnitten. Biblis A hat noch eine Reststrommenge von 1,89 TWh bzw. 148 Tagen ((Stand 27.10.2009)) also noch etwa fünf Monate. Das heißt, würde Biblis A heute wieder ans Netz gehen, würde die Grenze nach Atomgesetz im März 2010 erreicht werden – und damit automatisch die Betriebsgenehmigung für diesen Kraftwerksblock erlöschen.

Derzeit sind in Biblis beide Reaktorblöcke abgeschaltet. Eigentlich hätte Block A Ende September aus der Revision kommen sollen. Ende September ist nun schon eine Weile vorbei, Biblis A ist immer noch vom Netz. Offiziell wegen weiterer Reparaturarbeiten. Meine Prognose ist, dass der Block A immer weiter repariert werden und erst dann wieder ans Netz gehen wird, wenn die neue schwarz-gelbe Regierung das Atomgesetz geändert haben wird.

Nach dem Vortrag bekamen wir alle einen weißen Helm aufgesetzt. Aus Sicherheitsgründen. Im Gegenzug mussten wir alle unsere Handys und Digitalkameras abgeben. Aus Sicherheitsgründen. Dann mussten wir unsere Personalausweise abgeben und bekamen Besucherausweise. Aus Sicherheitsgründen. Der Reisepass einer iranischen Kommilitonin wurde besonders lange und ausführlich begutachtet. Aus Sicherheitsgründen. Dann ging es durch einen Metalldetektor und wir wurden von Werkschutzleuten abgetastet. Aus Sicherheitsgründen. Über das Gelände führte uns ein ehemaliger Schichtleiter des Kraftwerks, der jetzt aber im Ruhestand ist. Außerdem wurden wir von einem Mann vom Werkschutz begleitet. Aus Sicherheitsgründen. Dieser Werkschützer hatte die ganze Zeit eine Pistole dabei. Aus Sicherheitsgründen. Er sorgte dafür, dass die Besichtigungsgruppe immer dicht beieinander blieb. Aus Sicherheitsgründen.

Die Besichtigung war sehr interessant. Ich hab zwar schon einige Kraftwerke gesehen. Aber das waren bisher recht kleine Kraftwerke von maximal ein paar dutzend Megawatt, nicht wie die zwei mal 1200 MW von Biblis. Insofern war zwar vieles bekannt, aber natürlich alles viel viel größer.

Den interessantesten Teil des Kraftwerks durften wir allerdings nicht sehen: das Innere des Reaktorgebäudes. Aus Sicherheitsgründen. Angeblich hätten wir uns dafür viel früher anmelden müssen, damit wir hätten sicherheitüberprüft werden können. Aus Sicherheitsgründen.

Insgesamt war das schon mal gut, so ein Kernkraftwerk mal aus der Nähe gesehen zu haben. Aber ich war doch irgendwie froh, dass es zum Zeitpunkt der Besichtigung nicht in Betrieb war.
Blick aus der Vogelperspektive auf das Kernkraftwerk Biblis (mittels Google Earth).

Mit diesem RSS 2.0 Feed können Sie alle Kommentare zu diesem Artikel verfolgen. Sie können einen Kommentar abgeben oder Trackback von Ihrer Webseite versenden.


8 Kommentare

  1. 1
    Kai 

    Echt beeindruckendes Bild. War sicher eine tolle Erfahrung. Da sieht man mal, was der Mensch alles erschaffen hat. Ging mir so, als ich das erste mal in der Allianz Arena war. Sehr beeindruckend solche BAuwerke.

  2. 2
    dirk 

    Ist doch immer wieder erschreckend das es immer noch erlaubt ist das einem erzählt werdenb darf das die Kernkraftwerke sicher sind. Bin vor ettlichen Jahren ausgewandert und total froh das er hier keine gibt und wohl auch nie geben wird weil kein Geld vorhanden ist

  3. 3
    Alexander 

    Diese Gebäude sind schon sehr beeindruckend. Habe mir vor kurzem das neue Kernkraftkohlekraftwerk bei Hanau angesehen. Den Sinn sehe ich aber weder in Kohle noch in Atomkraft, da beide keine Zukunftschance haben. Hoffe das das endlich auch in den Köpfen unserer POlitiker durchsickert.

  4. 4
    Doris 

    Kann ich mir gut vorstellen, man hat glaub ich einfach ein sichereres Gefühl im Magen wenn das abgeschaltet ist während man drinnen oder in unmittelbarer nähe ist,…aus Sicherheitsgründen versteht sich ;). Interessant ist es sicher aber die Atomkraft ist der falsche Weg!!

  5. 5
    Elisabeth 

    Kann ich mir gut vorstellen, man hat glaub ich einfach ein sichereres Gefühl im Magen wenn das abgeschaltet ist während man drinnen oder in unmittelbarer nähe ist,…aus Sicherheitsgründen versteht sich ;). Interessant ist es sicher aber die Atomkraft ist der falsche Weg!!

  6. Deinen Artikel finde ich toll und besonders gut finde ich, dass ich heute, im Jahr 2011, darauf gestoßen bin. Und erst gar nicht merkte, dass er aus dem Jahr 2009 stammt – absolut aktuell.

    Besonders nachdenklich stimmt mich, wie du bereits 2009 Lügen benennst, die für Angela Merkel erst duch Fukushima als zu offensichtlich wurden so dass selbst sie die Mär der „sichersten Kraftwerke aus Deutschland“ nicht mehr verbreitet…

  7. Ich selbst durfte mir schon das Kraftwerk in Leipzig anschauen. Beeindruckende Bauten sind das. Wobei ich nach dem Gau in Fukushima wohl doch das Innere eines AKW meiden würde…

  8. 8
    Lene 

    Aber in Leipzig das ist doch kein AKW! Gottseidank!
    Wirklich beeindruckendes Bild übrigens.

Kommentieren
Bitte die Kommentarregeln beachten! Ein Abgeben eines Kommentars bedeutet die Akzeptanz dieser Kommentarregeln.


 



WordPress › Fehler

Es gab einen kritischen Fehler auf deiner Website.

Erfahre mehr über die Problembehandlung in WordPress.