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Energie europäisch denken

Solarturm-Kraftwerk (Bild von afloresm unter CC-Lizenz) [1]

Solarturm-Kraftwerk (Bild von afloresm unter CC-Lizenz)

In den nächsten Jahren stehen wir vor einer großen Herausforderung. Wir müssen unser System der Energienutzung radikal umbauen. Angesichts des Klimawandels müssen wir so schnell wie möglich weg von den fossilen Energieträgern Kohle, Öl und Erdgas, die sowieso in absehbarer Zeit zur Neige gehen. Auch die verstärkte Nutzung der Atomenergie bleibt angesichts der Sicherheitsrisiken und der ungelösten Atommüllfrage keine Option. Aber diesen Umstieg von fossil und nuklear hin zu erneuerbar können nicht alle Länder für sich alleine schaffen.

Die Formel für ein zukunftsfähiges, nachhaltiges Energiesystem lautet 4 E: Erneuerbar, Einsparung, Effizienz, Europa!

Erneuerbar

Über ganz Europa gesehen haben wir ein vielfältigeres Angebot an Energiequellen, als es jedes Land für sich einzeln hat. So haben die südlichen Länder wie Spanien, Italien und Griechenland ein großes Potential für solarthermische Kraftwerke. An den Meeresküsten, insbesondere an der Atlantikküste, von Irland über Frankreich bis Portugal, bieten sich ideale Bedingungen für die Windenergie. In den dünn bewohnten Länder wie zum Beispiel Finnland oder Schweden gibt es ein großes Potential zur Nutzung von Biomasse. In den Alpenländern Schweiz und Österreich gibt es Möglichkeiten zum Ausbau der Wasserkraft. Island bietet sich an für Geothermienutzung. In Großbritannien gibt es Bestrebungen zur Nutzung der Energie von Meeresströmungen und Gezeiten. Noch dieses Jahr soll in Norwegen das erste Osmosekraftwerk in Betrieb gehen. Diese Liste ließe sich fast beliebig erweitern, auch wenn ich hier jeweils nur ein paar wenige Länder exemplarisch genannt habe, so lässt sich dennoch eines hinzufügen: in fast jedem Land gibt es Gebiete, in denen sich eine der Energiequellen besonders gut einsetzen lässt. Ganz neue und innovative Techniken erweitern die Vielfalt der erneuerbaren Energien.

Betrachten wir aber nun ganz Europa, so lässt sich eines feststellen: Auf Grund der geographischen Ausdehnung von Europa ergänzen sich die Potentiale sehr gut. Denn es ist nahezu ausgeschlossen, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt nirgendwo der Wind weht oder nirgends die Sonne scheint. Um dieses Potential aber nutzen zu können, müssen bestehende Engpässe beseitigt werden. Zum einen muss das Höchstspannungsnetz ausgebaut werden, um die Energie durch ganz Europa transportieren zu können. Zum anderen müssen Kuppelstellen der einzelnen nationalen Hochspannungsnetze verstärkt werden, damit der elektrische Strom europaweit grenzenlos fließen kann.

Einsparung

Wichtig ist, dass so viel Energie wie möglich eingespart wird.

Eine besondere Bedeutung hat hier der Wärmesektor: es gibt in Europa sehr viele Gebäude, die eine sehr schlechte Wärmedämmung haben und daher große Mengen an Heizenergie benötigen. Dies trifft auf Osteuropa gleich dreifach zu: Zum einen sind dort sehr viele Gebäude sanierungsbedürftig. Zum anderen sind die Winter in Osteuropa auf Grund des dort herrschenden kontinentalen Klimas deutlich kälter als in Westeuropa. Zum dritten haben die Staaten in Osteuropa die geringste Wirtschaftsleistung von allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union und daher die geringsten finanziellen Spielräume, um selbst aktive Förderung zu betreiben. Um diese Nachteile auszugleichen, ist ein europäisches Förderprogramm speziell für Osteuropa zur Wärmedämmung und energetischen Sanierung von Gebäuden wünschenswert.

Auch im europaweiten Verkehr lässt sich viel Energie einsparen. Durch den Ausbau des europäischen Hochgeschwindigkeit-Eisenbahnnetzes sowie eine flächendeckende Anbindung an das Schienennetz bietet die Chance, einen großen Teil des europäischen Reiseverkehrs von Flugzeug und Auto auf die Schiene zu bringen. Aber auch die Förderung von Fernreisebuslinien darf dabei nicht vergessen werden.

Effizienz

Energie wird derzeit vorallem als Strom, als Wärme und als Antrieb im Verkehrssektor genutzt. Die Energieströme dieser drei Sektoren sind bisher relativ unabhängig von einander. Für die Zukunft wird es entscheidend schein, dass es uns gelingt, diese drei Energieströme miteinander zu verzahnen, und dadurch Energie viel effizienter zu nutzen. So können zum Beispiel Strom und Wärme gemeinsam in Blockheizkraftwerken erzeugt werden. Die Effizienz ist hierbei viel größer, als wenn Strom und Wärme getrennt voneinander erzeugt werden würden.

Auch die Verbindung des Verkehrssektors mit dem Stromsektor ist eine wichtige Aufgabe für die Zukunft. Es wird viel mehr Elektrofahrzeuge auf unseren Straßen geben, denn sie nutzen die zur Verfügung stehende Energie wesentlich effizienter als Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren. Die allermeisten der neuen Elektrofahrzeuge werden über einen eingebauten Akku verfügen. In Summe ergibt dies eine sehr große Speicherkapazität. Die Akkus der Elektrofahrzeuge können genutzt werden, das schwankende Angebot an erneuerbarer Energie und die ebenfalls schwankende Nachfrage an Strom auszugleichen.

Europa

Ein zentrales Element des Umbaus des europäischen Energiesystems hin zu erneuerbaren Energien ist, dass alle europäischen Länder ein Energieeinspeisegesetz einführen (möglichst nach dem erfolgreichen Vorbild des deutschen EEG). Ein solches Gesetz garantiert den Erzeuger*innen, dass Strom aus erneuerbaren Energiequellen bevorzugt ins Netz eingespeist wird, bei einer garantierten Mindestvergütung.

Zur Förderung der erneuerbaren Energien muss eine „Europäische Gemeinschaft für Erneuerbare Energien“ (ERENE) gegründet werden. Solche energiepolitischen Gemeinschaften gab und gibt es bereits für die konventionellen Energien: Seit 1952 gab es die „Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl“ (EGKS) 1957 wurde die „Europäische Atomenergiegemeinschaft“ (EURATOM). Die EGKS wurde 2002 abgeschafft, die EURATOM existiert weiter und hat jährlich mehrere Milliarden Euro zur Verfügung. Durch die Abschaffung der EURATOM (und der damit verbundenen Beseitigung der Subventionen in die Atomenergie) stünden das Geld für die Förderung der erneuerbaren Energien in Europa zur Verfügung.

Eine sonnige Zukunft

Europa hat genügend Energiequellen um sich selbst mit erneuerbarer Energie. Ein Schritt auf dem Weg war das gute Abschneiden der Grünen Parteien insbesondere bei de Europawahl im Juni 2009.

Dieses Blogeintrag ist eine leicht modifizierte Variante meines gleichnamigen Artikels, der in der ZITRO (Zeitschrift der Grünen Jugend Baden-Württemberg), Ausgabe 01/2009, erschienen ist.

8 Kommentare (Öffnen | Schließen)

8 Kommentare Empfänger "Energie europäisch denken"

#1 Pingback von Energie-Einspeisegesetz auch in den USA diskutiert | Stromtarife Vergleich am 3. August 2009 00000008 18:00 124931525706Mo, 03 Aug 2009 18:00:57 +0200

[…] ähnlichen Gesetzes erzielen.Mit Fug und Recht kann man also behaupten, dass wir Europäer weltweit Vorreiter für erneuerbare Energien sind. Aus diesem Grund interessieren sich nun auch die USA für eine Gesetzgebung, die der […]

#2 Kommentar von Anonymous am 9. August 2009 00000008 17:16 124983096605So, 09 Aug 2009 17:16:06 +0200

Mit stärkeren Förderungen und durchgreifenden Gesetzen innerhalb Europas könnte der Arbeitsmarkt sich festigen und ausbauen. Derzeit liegt die Beschäftigung hauptsächlich in den Schwerpunkten Biomasse, Wind- und Wasserkraft. Doch in Zukunft sollen insbesondere die 2004 und 2007 in die EU eingetreten Länder stärker von der erneuerbaren Energie profitieren.

#3 Kommentar von Anonymous am 9. August 2009 00000008 17:38 124983229905So, 09 Aug 2009 17:38:19 +0200

Ich finde deinen Artikel sehr interessant. Nicht nur wegen deim Inhalt, sondern auch, weil er in sehr ansprechender Form verschriftlicht wurde. Dass dieses Thema uns alle etwas angeht, ist klar-deshalb bin ich auch ein wenig über die Beteiligung hier enttäuscht, da es meiner Meinung nach genügend Diskussionsstoff bieten würde.
Die Frage ist nämlich, wie sinnvoll ist der Einsatz von Solarenergie in Deutschland? Reicht die Sonne in unseren Breitengraden aus?

#4 Kommentar von Silke am 16. März 2010 00000003 15:45 126875075703Di, 16 Mrz 2010 15:45:57 +0100

Finde diesen Text auch sehr interessant. Ich finde, es ist sehr wichtig, vor allem für die Zukunft, in diese Richtung mehr zu tun und auch umzusetzen. Dahingehend sollte wirklich mehr in der Forschung passieren.

#5 Kommentar von Anonymous am 23. Juni 2010 00000006 12:12 127728792412Mi, 23 Jun 2010 12:12:04 +0200

Dass es genügend Alternativen gibt ist ja hinlänglich bekannt. Meines Erachtens sind die Lobbyisten der Energieversorger jedoch zu stark. Jüngstes Beispiel ist die Öl-Krise im Golf von Mexiko. Obama wollte einen Bohr-Stopp für die nächsten 6 Monte erwirken. Ein Richter hat dieses Vorhaben nun gestoppt und bewilligt damit weitere Bohrungen im Golf von Mexiko. Was soll man davon halten?

#6 Kommentar von medani am 8. Juli 2010 00000007 13:30 127858863301Do, 08 Jul 2010 13:30:33 +0200

So lange die Ölmultis und die Aktionäre verdienen, wird es wohl nichts mit der erneuerbaren Energie

#7 Kommentar von anonym am 10. August 2010 00000008 16:22 128145016104Di, 10 Aug 2010 16:22:41 +0200

Seit Jahrzehnten wird schon darüber geredet und verstehe nicht warum so viele Politiker das Thema nie ernst genommen haben. Ich wohne in Frankreich und wir sind 10 Jahre zurück, in Sachen Umweltschutz.

#8 Kommentar von Birgit Donner am 16. August 2010 00000008 02:40 128191921802Mo, 16 Aug 2010 02:40:18 +0200

Ich habe auch wenig Hoffnung, dass sich bezüglich erneuerbarer Energie viel tut. Zu viele verdienen am Öl und alternative Energie wird weiterhin ausgebremst und ignoriert.Trotz Aufklärung.